Jupiter lässt Merkel siegen

Astrologen zur geplanten Bundestagswahl

Die Zeit vor möglichen Bundestagswahlen ist immer auch die Stunde der Meinungsforscher - und der Astrologen. Die Sterne sollen in diesem Jahr besonders günstig für die Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) stehen. Dieser Auffassung sind - so ein Bericht der Berliner „BZ“ - „Deutschlands führende Astrologen“.

Für die politische Zukunft von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sehe es demnach eher düster aus. Die angebliche „Star-Astrologin“ Jeanne Philippi (www.astrologie-kompetente-prognosen.de) weist auf „drei negative Aspekte im Sternenbild“ hin. Besonders das Uranus-Quadrat soll ihm zu schaffen machen, stünde es doch für Trennung und Popularitätsverlust.

Und ein weiterer prominenter TV-Astrologe, Winfried Noè („Astro TV“), gibt sich fast schon wie der Generalsekretär der CDU, wenn er den Sternenkonstellationen („Jupiter in Verbindung zum Medium Coeli“) entnimmt, dass Frau Merkel wie geschaffen sei, die Regierungskrise zu beenden: „Deutschland ist notleidend. Das deutsche Volk könnte man als eine solche Gemeinschaft bezeichnen. Wenn wir darüber hinaus noch berücksichtigen, dass der Aszendent des Gründungshoroskops der Bundesrepublik Deutschland eine Konjunktion zum Medium Coeli im Horoskop von Angela Merkel bildet, könnte man sagen, dass unser Land nur auf diese Frau gewartet hat, damit sie seine Not lindert.“ Für den Herbst prophezeien die Berufsauguren zudem einen wirtschaftlichen Aufschwung, der sich im Jahr 2007 zum regelrechten Wirtschaftsboom entwickeln könnte.

Für den FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle hat Noé eine eher ambivalente Zukunftsdeutung parat: „Der laufende Saturn bildet eine Opposition zum Jupiter.“ Was das bedeutet, verrät der geschäftstüchtige Astrologe auf seiner Internetseite www.noeastro.de: „Die neue Regierung ohne Westerwelle, mit Westerwelle in einer Position, die ihm nicht gefällt, oder ohne die FDP wären Entsprechungen für diese Konstellationen.“

Nicht viel besser fällt die Vorhersage für PDS-Spitzenkandidat Gregor Gysi aus: „Die Folge wird in einer Neptun-Pluto-Opposition sichtbar: Zusammenbruch einer Idee, schwere Verluste, Trauer.“

Und auch Grünen-Politiker und Vize-Kanzler Joschka Fischer werde sich im September neu orientieren müssen. Noé geht davon aus, „dass Fischer alte Positionen nicht mehr halten kann, er aber schon konkrete Pläne hat für die Zeit nach der Wahl, die er dann erfolgreich umsetzen können wird.“

Angesichts dieser Prognosen drängt sich der Eindruck auf, als hätten die angeblichen Sternenkonstellationen nicht viel zu sagen. Die Einschätzung der Astrologen decken sich weitgehend mit demoskopischen Umfrageergebnissen der letzten Wochen.

Es hat fast schon einen populistischen Anstrich: Astrologen sagen, was Bürger denken. Die in Deutschland spürbare Wechselstimmung steht somit nicht in den Sternen, sondern befindet sich in den Köpfen der Menschen. Was nicht vergessen werden sollte: In der Vergangenheit hatten Astrologen - kritischen Analysen zufolge - mit ihren Zukunftsprognosen stets Pech. Vielleicht haben sie diesmal ja auf das richtige Pferd gesetzt. Die Erfahrung von Kritikern mit TV-Astrologen lehrt: Es könnte auch ganz anders kommen.

Matthias Pöhlmann
EZW-Newsletter 6/2005

Artikel-URL: https://www.confessio.de/index.php/artikel/142

Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 4/2005 ab Seite 11