Religiöser Größenwahn als Programm

Die utopischen Projekte der Transzendentalen Meditation

Maharishi Mahesh Yogis Anhänger suchen in den letzten Monaten mit verschiedenen Projekten verstärkt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Was ihnen allen gemeinsam ist: Wohlklingende Ziele bei völlig utopischen Finanzierungsplänen.

Das Ende der Armut

Mit einer Anzeige in der New York Times sucht Maharishi auf dem Weltmarkt Investoren für Anleihen in Höhe von 10 Billionen Dollar (= 10 000 Milliarden Dollar). Damit will er nichts geringeres als die Armut aus der Welt schaffen - und das sogar mit Gewinn für die Investoren. Mit dem Geld sollen die 2 Milliarden Hektar fruchtbares Land, das auf der Erde noch unbestellt sei, nach Maharishis Vedisch-Biologischem Landwirtschaftssystem bestellt werden.

Das Ergebnis sei dann das „Globale Land des Weltfriedens“, für das Maharishi selbst schon lange die Ministerposten verteilt hat. Bezeichnend ist, was Dr. Emanuel Schiffgens, der Geschäftsführer der deutschen Maharishi Veda GmbH, gegenüber der (ebenfalls zu Maharishi gehörenden) „Deutschen Nachrichten Agentur“ darüber mitgeteilt hat: „Alle Investoren und deren Familien werden durch die Teilnahme an diesem Projekt berühmt werden: als Gründer des Himmels auf Erden, in dem das Licht Gottes allen scheint.“ Die Sicherheit seiner Überzeugung, dass dieses Projekt nicht scheitern wird und ab dem 1. Januar die Armut beseitigt ist und „für alle das Licht Gottes“ scheint, bezieht er primär „aus der inneren Unbesiegbarkeit, die man durch täglich vier Stunden Transzendentaler Meditation gewinnt.“

Das Ziel der Beseitigung oder zumindest der Verringerung der weltweiten Armut ist durchaus wünschenswert und auch für die christlichen Kirchen weltweit immer wieder Thema großer Anstrengungen. Es auf diese Weise aber unter Absehung von aller Realität erreichen zu wollen, zeugt weniger von innerer Unbesiegbarkeit als vielmehr von großem inneren Realitätsverlust.

Info: www.maharishiglobalfinancing.org

Vedische Hochschulen statt Panzer

Wie bereits in Oebisfelde soll nach den Plänen der Maharishi-Weltfriedens-Stiftung in Berlin auch im schleswig-holsteinschen Albersdorf ein ehemaliges Bundeswehr-Gelände zu einer „vedischen Friedens-Universität“ mit eigenem „Friedenspalast“ umfunktioniert werden. Dort sollen dann 2000 Studenten in einer Internatsschule und eine „medizinische Hochschule für vedische Medizin“ untergebracht werden. Die frisch von der Bundeswehr verlassenen Gebäude sollen abgerissen und auf dem 35 Hektar großen Gelände nach den Richtlinien von Maharishis „vedischer Architektur“ neu erbaut werden.

Auf die Frage nach der Finanzierung antwortete Dr. Emanuel Schiffgens gegenüber der Lokalpresse: „Geld ist überhaupt kein Problem.“ „Wir werden von der deutschen Industrie und Wirtschaft unterstützt.“1 Das sind in Zeiten allgemein knapper Kassen interessante Töne. Ob das zu errichtende Bildungszentrum allerdings wirklich etwas mit einer Hochschule im üblichen Sinn des Wortes zu tun haben wird, ist eine ernsthafte Frage. Bei den zuständigen Kultusministerien liegen keine entsprechenden Anträge vor. Zudem verträgt sich die Maharishi-Ideologie nicht mit den inhaltlichen Voraussetzungen von Wissenschaft im westlichen Verständnis.

Antidemokratische politische Ideologie

Auf die antidemokratischen Elemente in Maharishis Ideologie hat u.a. Hansjörg Hemminger hingewiesen:
„Maharishi äußerte und äußert sich vielfach in unmissverständlicher Weise gegen die demokratische Staatsform sowie ihre Prinzipien: Gewaltenteilung, Volksvertretung durch Parteien und Parlamente, Pressefreiheit, Gewerkschaftsrechte, Oppositionsfreiheit usw. Weiterhin bestreitet er öffentlich die Gültigkeit allgemeiner Menschenrechte, auch des Rechts auf Meinungsfreiheit. Er propagiert eine absolutistische Regierungsform, die sich auf das richtige Wissen über die Gesetze des Kosmos und des menschlichen Geistes zu stützen habe. Dieses richtige Wissen sei die vedische Wissenschaft von den Naturgesetzen, die TM vertritt. Damit erfüllt die politische Gedankenwelt Maharishis in geradezu klassischer Weise die Kriterien für eine totalitäre politische Ideologie. Es handelt sich um den ausdrücklich formulierten politischen Ordnungs- und Wahrheitsanspruch eines angeblich wissenschaftlichen Ideensystems, der individuellen Bürgerrechten vorgeht und der wissenden Elite das Recht auf Machtausübung gegenüber den unwissenden Massen zuspricht. Mit diesem totalitären Anspruch ist eine aggressive Polemik gegen Andersdenkende verbunden.“2

Ein aktuelles Beispiel für diese Auffassungen ist der nachfolgend wiedergegebene Beginn einer Presseerklärung, die Dr. Emanuel Schiffgens am 30. 4. 2006 zur „Vedischen Universität“ in Hannover abgegeben hat. Darin wird deutlich:

  • dass der Inhalte der sogenannten „universitären“ Studien keineswegs „Wissenschaft“ im Sinne von durch Forschung gewonnenem menschlichen Wissenszuwachs sind, sondern es sich um die Anerkennung und Überlieferung traditioneller heiliger Texte des Hinduismus handelt, die „nicht von Menschen erdacht“ seien und für die absolute Gültigkeit und Irrtumslosigkeit beansprucht wird.
  • dass dieser Anspruch eine deutliche politische Komponente hat, wenn davon gesprochen wird, die Regierung „auf diese höchste Ebene der Perfektion anzuheben“ und durch eine Reform der Verwaltung im Sinne von Maharishis „Vedischen“ Prinzipien „Deutschland von allen Problemen zu befreien.“

Über diese problematischen Seiten sollte man sich keineswegs durch die wohlklingenden Begriffe von Weltfrieden und Glück hinwegtäuschen lassen.

 


1. Dithmarsche Landeszeitung, 27. Mai 2006

2. Dr. Hansjörg Hemminger, Transzendentale Meditation - Struktur und Ideologie (http://www.gemeindedienst.info/weltanschauung/texte/t

Dr. Harald Lamprecht

ist Beauftragter für Weltanschauungs- und Sektenfragen der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens und Geschäftsführer des Evangelischen Bundes Sachsen.

Artikel-URL: https://www.confessio.de/index.php/artikel/89

Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 3/2006 ab Seite 06