Bundesarbeitsgericht: Yoga-Vidya keine Religionsgemeinschaft

Yoga / Religionsrecht
Altar im Übungsraum von Yoga-Vidya Leipzig
Altar im Übungsraum von Yoga-Vidya Leipzig

Ist Yoga eine Religion? Die meisten Yogalehrenden in Deutschland würden die Frage eher verneinen – bieten sie ihre Dienste doch in erster Linie als Gymnastik und Entspannungsübung an. Der Yoga-Vidya-Verband allerdings versucht die Gratwanderung:

  • Einerseits wird dort ebenso die eigene Yogapraxis niedrigschwellig im Gesundheitssektor beworben und gern Krankenkassenfinanzierung in Anspruch genommen.
  • Andererseits ist die eigene Begründung stark hinduistisch geprägt. Die Seminarhäuser sind mit Ashrams verbunden, in denen sogenannte Sevaka-Gemeinschaften bestehen, die gemäß indischer Klostertradition zusammenleben. Dazu gehören Sevadienste – also Arbeiten in Küche, Haushalt, Garten, Werbung, Buchhaltung etc. Dafür erhalten die Mitglieder aber keine Bezahlung, sondern nur ein monatliches Taschengeld von 390€ bei freier Kost und Logis.

Das Bundesarbeitsgericht hatte nun den Fall zu entscheiden, dass der Verein nun doch gern Religion sein wollte. Ein ehemaliges Mitglied hatte erkannt, dass diese Sevadienste faktisch ein Arbeitsverhältnis darstellten und dafür den gesetzlichen Mindestlohn eingefordert. Der Verein wandte dagegen ein, dies sei freiwilliger Dienst an der Gesellschaft im Rahmen einer geistlichen Lebensgemeinschaft gewesen, wie sie Religionsgemeinschaften haben können.

Dazu hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt: „Der Beklagte ist weder Religions- noch Weltanschauungsgemeinschaft. Es fehlt das erforderliche Mindestmaß an Systembildung und Weltdeutung. Der Beklagte bezieht sich in seiner Satzung u.a. auf Weisheitslehren, Philosophien und Praktiken aus Indien und anderen östlichen und westlichen Kulturen sowie auf spirituelle Praktiken aus Buddhismus, Hinduismus, Christentum, Taoismus und anderen Weltreligionen. Aufgrund dieses weit gefassten Spektrums ist ein systemisches Gesamtgefüge religiöser bzw. weltanschaulicher Elemente und deren innerer Zusammenhang mit der Yoga Vidya Lehre nicht hinreichend erkennbar.“3

In der Folge muss der Verein den geforderten Mindestlohn für die Arbeit entrichten. HL

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. April 2023 – 9 AZR 253/22 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 17. Mai 2022 – 6 Sa 1249/21


 

3 https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/arbeitnehmerstatus-eines-vereinsmitglieds-im-yoga-ashram/

Urteil
Entscheidungsdatum
Aktenzeichen
9 AZR 253/22
Leitsatz
Yoga Vidya ist weder Religions- noch Weltanschauungsgemeinschaft und muss für Ashram-Mitglieder, die Seva-Dienste verrichten, Mindestlohn zahlen.

Artikel-URL: https://www.confessio.de/index.php/news/1484

Autor
HL
Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 2/2023 ab Seite 03