Wasser, Salz und Asche

Zur Taufe der Christengemeinschaft

Der Konflikt

Die Taufe der Christengemeinschaft ist vonseiten der evangelischen, der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirchen nicht als christliche Taufe anerkannt. Dies hat zur Konsequenz, dass bei einem Übertritt von der Christengemeinschaft in die evangelische Kirche eine christliche Taufe zu vollziehen ist.

Nun ist die Sachlage z.B. bei Jehovas Zeugen oder Mormonen (Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage) im Grunde genauso. Auch diese Gemeinschaften haben eigene Taufrituale und ein so stark abweichendes Taufverständnis, dass deren Taufen von der ökumenischen Christenheit nicht anerkannt werden. Allerdings ergeben sich daraus kaum Konflikte, weil es zum einen nur sehr selten zu Übertritten aus diesen Gemeinschaften kommt. Zum anderen ist, wenn solches doch geschieht, den beteiligten Personen die Unterschiedlichkeit in den Lehrsystemen in der Regel bewusst, sodass sie von selbst die christliche Taufe begehren.

Anders ist es bei der Christengemeinschaft – und zwar in beiden Punkten. Die Christengemeinschaft versteht sich zwar als „Bewegung für religiöse Erneuerung“. Gleichwohl gibt es aber gegenwärtig nur wenig abgrenzende Polemik. Menschen, die in Anthroposophie und Christengemeinschaft sozialisiert sind, empfinden oft eine große Nähe zur evangelischen Kirche und engagieren sich teilweise über Jahre in Kirchgemeinden. Kommt es dann zur Frage der Mitgliedschaft – z.B. im Rahmen einer Konfirmation oder der Übernahme von Ämtern, stellt sich die Notwendigkeit einer christlichen Taufe. Hier ist den Beteiligten aber die Unterschiedlichkeit der Glaubensauffassungen oft weit weniger bewusst. Zudem haben sie mitunter eine hohe Meinung und ein sakramentales Verständnis von ihrer eigenen Taufe in der Christengemeinschaft. Darum stößt das Ansinnen einer christlichen Taufe auf Unverständnis und Widerstand.

 

Taufanerkennung – Grundregeln

Es ist eine Überzeugung der christlichen Kirchen, dass die Taufe zwar auch, aber nicht nur die Mitgliedschaft in der jeweils konkreten Gemeinschaft begründet, in der die Taufe vollzogen wird. Sie ist zugleich auch immer die Eingliederung in den Leib Christi als Gesamtkirche. Sie hat also eine Bedeutung über die jeweilige Kirche hinaus. Im Rahmen des sogenannten Ketzertaufstreites in der frühen Kirche (3./.4. Jahrhundert) hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass eine christliche Taufe unabhängig von der persönlichen Würdigkeit des Spenders und dessen Glauben gültig ist, wenn sie in richtiger Weise und mit der richtigen Absicht vollzogen wurde. Das macht auch weniger wichtig, in welcher Gemeinschaft die Taufe empfangen wurde, solange der Vollzug mit (fließendem) Wasser und im Namen des dreieinigen Gottes geschehen ist. Auch Taufen in „häretischen“ Gemeinschaften sind also gültig, wenn sie „rite“ vollzogen wurden.

 

Wasser, Salz und Asche

Bei der Christengemeinschaft ist nun zwar auch Wasser beteiligt. Es gibt sogar eine dreiteilige Formel, in der Vater, Sohn und Geist mit vorkommen. Allerdings hat das Taufritual sowohl inhaltlich wie auch strukturell mit einer christlichen Taufe fast nichts mehr gemein. Unterzieht man sich der Mühe, die Vorträge von Rudolf Steiner zur Einsetzung der Taufhandlung anzuschauen, so wird deutlich: Die Elemente Asche, Salz und Wasser erinnern mehr an ein alchimistisches Ritual einer spirituellen Transmutation. Wasser, Salz und Asche sollen in drei kleinen Gefäßen auf einem Tischchen bereitstehen, das mit einem blauen Teppich belegt sein soll, auf dem wiederum ein rotes Deckchen liegt. 1

Das hat Steiner in seiner Intuition geschaut – was eine biblische Begründung offenbar erübrigt. Das Salz gilt ihm als „weisheithaltend“. „Indem das Salz koaguliert, indem das Salz sich absetzt, verdunstet gewissermaßen die reale Weisheit in die Umgebung und das Salz wird weisheitsleer“(371). Die Asche hingegen ist aus einem Feuerprozess hervorgegangen. „Gebe ich etwas Salz auf der einen Seite, etwas Asche auf der anderen Seite, so erzeuge ich Wachstumskraft, das heißt: wirkenden Geist“ (372). Am Beginn der Taufhandlung steht folgender Monolog: „Zu euch Weltengeister wende sich mein Wollen, mein Fühlen und mein Denken, durch die Kraft des alldurchdringenden Wassers, durch die Macht des allerhaltenden Salzes, durch das Gewicht der allerneuernden Asche, dass ich führe diese Seele in die Gemeinde des Christus Jesus“(373).

 

Reinkarnation und Weltengeister

Die Taufhandlung der Christengemeinschaft hat deutlich die von Steiner gelehrte Reinkarnationsvorstellung im Hintergrund. So wird die Präexistenz der kindlichen Seele vorausgesetzt, wie es in der Ansprache an die Taufgesellschaft zum Ausdruck kommt: „Diese Seele, die herabgesandt aus der Geist- in die Erdengemeinschaft, wir sollen sie empfangen und tragen in die Gemeinde des Christus Jesus. Sie stammet dem Leibe nach aus göttlicher Weltenkraft, sie stammet der Seele nach aus göttlichem Wirkensworte, sie soll der Geistessphäre leben aus göttlichem Geistesziel“(374). Nirgends in der Taufhandlung wird Gott angesprochen. Die Trinität erscheint aufgelöst in diverse Sphären und Mächte, die eigentümlich zwischen göttlichem und irdischem Bereich wabern. Das wird in der eigentlichen Taufhandlung deutlich (N. steht dabei für den Namen des Täuflings): „Hinaufschauend zu der Geisteswelten Lichtgewalten, mich erfühlend mit der Kraft der Christgemeinschaft nenne ich dich N.“ [Mit Wasser am Finger:] „Dies sei nicht gemeines Wasser, es sei des Geistes alldurchdringende Kraft. Ich taufe dich N. mit dem Wasser alldurchdringenden Weltengebärens.“ [Mit Salz am Finger:] „Dies sei nicht gemeines Salz. Es sei der Seele allbewahrende Macht. Ich taufe dich N. mit dem Salz allbewahrender Weltenmächte.“ [Mit Asche:] „Dies sei nicht gemeine Asche. Sie sei des Menschen allerneuerndes Ziel. Ich taufe dich N. mit der Asche allerneuernder Weltenziele“(376). An die Stelle der christlichen Dreieinigkeit treten Dreiergruppen von Leib, Seele und Geist, Wollen, Fühlen und Denken und zugeordnete Elemente.

 

Christliche Taufe?

Eine christliche Taufe bezieht sich auf ihr biblisches Vorbild. In ihr wirkt Gott selbst. Sie markiert eine geistliche Wiedergeburt (Joh. 3,5), befreit von Sünde und Schuld, vermittelt den Heiligen Geist (Apg. 2,38), verbindet mit Tod und Auferstehung von Jesus (Röm 6,4).

Das Steinersche Ritual löst die christliche Taufe auf in eine mystagogische Handlung, bei der Elementarkräfte aufgerufen werden, um eine inkarnierende Menschenseele in die Christgemeinschaft zu führen. Das ist etwas anderes.

An einer intensiven Beschäftigung mit den Unterschieden zwischen dem anthroposophisch-theosophischen esoterischen Entwicklungsmodell und der christlichen Botschaft von der Gnade und Zuwendung Gottes zu den Menschen, die sich auch in der Taufe zeigt, führt in solchen Fällen nichts vorbei.

Harald Lamprecht

1

R. Steiner Gesamtausgabe (GA) Bd. 343, S. 370.

Dr. Harald Lamprecht

ist Beauftragter für Weltanschauungs- und Sektenfragen der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens und Geschäftsführer des Evangelischen Bundes Sachsen.

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Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 1/2025 ab Seite 08