Streit um rassistische Äußerungen

Gesamtausgabe wird kommentiert

Der Streit um rassistische Äußerungen von Rudolf Steiner, dem Begründer der Anthroposophie, geht in eine neue Runde. Nachdem die deutsche Bundesprüfstelle für Jugendgefährdende Schriften auf eine Indizierung von Steiners Werken verzichtete, weil der Verlag kommentierende Neuausgaben zugesagt hatte, haben nun in der Schweiz Samuel Althof vom Verein „Kinder des Holocaust“ und der Journalist Michael Grandt Strafantrag gegen den Steiner-Verlag gestellt. Sie beziehen sich auf eine Aussage Steiners über das Judentum: „Das Judentum als solches hat sich aber längst ausgelebt, hat keine Berechtigung innerhalb des modernen Völkerlebens, und dass es sich dennoch erhalten hat, ist ein Fehler der Weltgeschichte, dessen Folgen nicht ausbleiben konnten. Wir meinen hier nicht die Formen der jüdischen Religion allein, wir meinen vorzüglich den Geist des Judentums, die jüdische Denkweise.“ (Steiner: Gesammelte Aufsätze zur Literatur)

Die Rudolf-Steiner-Nachlassverwaltung hatte bekannt gegeben, dass künftig alle Textstellen in den Bänden der Gesamtausgabe, die aus heutiger Sicht als rassendiskriminierend angesehen werden könnten, bei Neuauflagen und Neuerscheinungen kommentiert werden sollen, um mögliche Missverständnisse zu erläutern und ihre kritische Einordnung zu ermöglichen. Die Auslieferung des Bandes 32 der Gesamtausgabe ist inzwischen gestoppt worden.

Der heutigen Anthroposophie kann man schwerlich mit Recht Rassismus vorwerfen. Dennoch zeigt sich an dem Umgang mit den Äußerungen, wie schwer es Anthroposophen fällt, sich auch von offensichtlich falschen Aussagen ihres Gründers zu distanzieren. Das Problem in diesem Streit ist folglich weniger die Frage nach Rassismus in der heutigen Anthroposophie, sondern die übermenschliche Rolle, die Steiner bis heute von Anthroposophen zugedacht wird.

HL / themen-der-zeit.de

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Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 6/2007 ab Seite 02