Waldorfpädagogik in der Kritik

Buch: "Schwarzbuch Waldorf" von Michael Grandt

Heftige Kontroversen hat ein neues Buch ausgelöst, das sich dezidiert kritisch mit der Waldorfpädagogik befasst. Das „Schwarzbuch Waldorf“ von Michael Grandt bezweifelt, dass die Anthroposophie als Grundlage der Waldorfpädagogik der Werteordnung des Grundgesetzes entspricht und stellt die Waldorfschulen als esoterisch-okkulte Weltanschauungsinstitute dar, die noch viel von dem auch rassistischen Gedankengut ihres Gründervaters Rudolf Steiner transportieren. Der kämpferisch-polemische Stil des Buches hat viel Widerspruch erfahren. Der Bund Freier Waldorfschulen hat eine einstweilige Verfügung erwirkt, dass das Buch nicht ausgeliefert werden darf, weil er 120 Stellen als unzutreffend, entstellend oder faktisch falsch bewertet. Der Verlag ist dagegen in Widerspruch gegangen. Ungeachtet der Mängel in der Darstellung verdienen es aber die darin angesprochenen Fragen, ernsthaft diskutiert zu werden. Auch die Süddeutsche Zeitung hat dem Buch „unangenehm eitle Töne und miserable Ausdrucksweise“ bescheinigt, es aber dennoch zum Anlass einer eigenen kritischen Darstellung der Waldorfpädagogik genommen und fragt „Hat die Lehre von Reinkarnation, Karma, Kobolden und Feuerwesen tatsächlich etwas mit Pädagogik zu tun? […] Wird der anthroposophische Hintergrund der Waldorfschulen hinreichend kommuniziert? Und darf der Staat in wohlwollender Neutralität verharren, wenn private Ersatzschulen einen erzieherischen Sonderweg wählen, der nach Methode und Gehalt weit entfernt ist vom Standard der ihrerseits bedrängten staatlichen Schulen?“

Waldorfschulen sind noch in viel stärkerem Maß als z.B. christliche Schulen als Weltanschauungsschulen zu charakterisieren, weil die anthroposophische Weltanschauung nicht nur Teile der Lehrinhalte, sondern das gesamte pädagogische Gerüst grundlegend bestimmt. In der Öffentlichkeitsarbeit der Waldorfschulen wird dies aber immer wieder negiert und Waldorfpädagogik lediglich als ein reformpädagogisches Modell positioniert und beworben.[1] Die Folge davon ist, dass vielen Eltern der prägende Charakter anthroposophischer Weltanschauung auf die Waldorfpädagogik nicht bewusst ist.

HL / Süddeutsche Zeitung 4. 9. 2008

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Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 5/2008 ab Seite 02