Zwiebeltürme vor blauem Himmel

Kirchen in der Ukraine

Ein Überblick

Mit Beginn des Krieges gegen die Ukraine sind viele Menschen in andere Länder geflohen. Sie bringen ihre Religion mit. Aber welche sind das? Die religiöse und christlich-konfessionelle Landschaft in der Ukraine ist sehr vielfältig – und je nach Region gibt es andere Mehrheiten.

 

1. Orthodoxie

Die meisten Ukrainer gehören zu einer orthodoxen Kirche. Allerdings gibt es davon mehrere, die z.T. in Spannung zueinander stehen und eine sehr wechselvolle Geschichte hinter sich haben. 

Die Ursprünge der russischen Orthodoxie liegen in der Taufe von Großfürst Wladimir 988 in Kiew. 1325 wurde der Sitz des Metropoliten nach Moskau verlegt. Mit der Gründung der Ukrainischen Volksrepublik 1918 begannen Bemühungen um eine von Moskau unabhängige Organisation in Form der Ukrainischen Autokephalen Orthodoxe Kirche, die aber 1937 aufgelöst wurde. 1941 nun von Polen ausgehend neu begründet, wurde sie erst 1942 mit der parallel entstandenen Ukrainischen Autonomen Orthodoxen Kirche vereinigt. 1944 wurden beide von der Roten Armee aufgelöst, setzten aber ihre Existenz in Westeuropa und den USA fort. 

Seit 1990 gab es

a) die Ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche (UAOK),

b) die dem Moskauer Patriarchat unterstellte Ukrainisch-Orthodoxe Kirche (UOK). 1992 verließ der Metropolit von Kiew die Russisch-Orthodoxe Kirche und gründete

c) die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche (Kiewer Patriarchat).

Bartholomaios I., der in der Orthodoxie den Ehrenvorsitz hat, erkannte 2018 die UAOK (a) und das Kiewer Patriarchat (c) gemeinsam als kanonisch an und unterstellte sie zunächst dem Patriarchat von Konstantinopel – gegen massiven Protest aus Moskau. 2019 erfolgte die Vereinigung dieser beiden Kirchen und die Verleihung ihrer Eigenständigkeit als Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU). Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine 2022 ging auch die verbliebene UOK (b) auf Distanz zu ihrem Patriarchen in Moskau.

 

2. Katholiken

Im Westen des Landes gehört die Mehrheit der Bevölkerung zur katholischen Kirche, allerdings gibt es auch hier drei unterschiedliche Riten. Im 16. Jahrhundert war die Mission der Jesuiten unter den Orthodoxen insoweit erfolgreich, dass daraus

a) die Ukrainische griechisch-katholische Kirche entstand. Diese folgt dem byzantinischen Ritus, ist von äußerer Gestalt her also eher orthodox geprägt, untersteht aber dem Papst in Rom und gehört somit organisatorisch zur römisch-katholischen Kirche. Mit der

b) Ruthenischen griechisch-katholischen Kirche existiert eine weitere unierte katholische Ostkirche in der Ukraine, die auch in der Slowakei und Tschechien vertreten ist. Schließlich gibt es noch an der polnischen Grenze

c) den lateinischen Ritus der katholischen Kirche.

 

3. Sonstige Christen

2009 spalteten sich mehrere Priester der Ukrainischen griechisch-katholischen Kirche von Rom ab und gründeten die Ukrainische orthodoxe griechisch-katholische Kirche, die aber weder von Rom noch von Konstantinopel anerkannt wird.

Protestantische Kirchen bilden 2,4% der Gläubigen in der Ukraine und existieren dort vorwiegend in Gestalt von Baptisten und Pfingstgemeinden. Die Lutherische Kirche und Reformierte Kirche haben regionale Bedeutung, ehemals bedeutsame mennonitische Gemeinden gibt es nur noch wenige.

Harald Lamprecht

Dr. Harald Lamprecht

ist Beauftragter für Weltanschauungs- und Sektenfragen der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens und Geschäftsführer des Evangelischen Bundes Sachsen.

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Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 1/2022 ab Seite 20