ROM: „Meine Kräfte sind nicht mehr geeignet“

Papst Benedikt XVI. tritt überraschend zurück

Es war wie ein Paukenschlag, als Papst Benedikt XVI. am 11. Februar 2013 vor den zu einem Konsistorium versammelten Kardinälen sagte, dass er ihnen eine „eine Entscheidung von großer Wichtigkeit für das Leben der Kirche mitzuteilen“ habe: „Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben“. Um seine Kirche zu führen, seien „sowohl die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig, eine Kraft, die in den vergangenen Monaten in mir derart abgenommen hat, dass ich mein Unvermögen erkennen muss, den mir anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen“.

Die letzte Ankündigung dieser Art liegt schon einige Zeit zurück; am 13. Dezember 1294 legte Papst Coelestin V. ebenfalls vor den zu einem Konsistorium versammelten Kardinälen sein Amt nieder. 2010 besuchte Benedikt XVI. dessen Grab im vom Erdbeben erschütterten L’Aquila und legte sein bisher benutztes Pallium auf den Sarkophag Coelestins nieder. Im gleichen Jahr erklärte Benedikt XVI. in dem vom Journalisten Peter Seewald herausgegebenen Gesprächsband „Licht der Welt. Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit“: „Zurücktreten kann man in einer friedlichen Minute, oder wenn man einfach nicht mehr kann. Aber man darf nicht in der Gefahr davonlaufen und sagen, es soll ein anderer machen. Wenn ein Papst zur klaren Erkenntnis kommt, dass er physisch, psychisch und geistig den Auftrag seines Amtes nicht mehr bewältigen kann, dann hat er ein Recht und unter Umständen auch eine Pflicht, zurückzutreten.“

Benedikt XVI. erklärte den versammelten Kardinälen „mit voller Freiheit, auf das Amt des Bischofs von Rom, des Nachfolgers Petri“, das ihm durch die Hand der Kardinäle am 19. April 2005 anvertraut wurde, zu verzichten. Dadurch werde „ab dem 28. Februar 2013, um 20.00 Uhr, der Bischofssitz von Rom, der Stuhl des heiligen Petrus, vakant sein“. Von den dafür Zuständigen müsse dann das Konklave zur Wahl des neuen Papstes zusammengerufen werden.

Damit entsprach der Papst den Vorgaben des Codex Iuris Canonici, dem Kirchenrecht der römisch-katholischem Kirche von 1983, wonach zur Gültigkeit des Rücktritt eines Papstes notwendig sei, dass „der Verzicht frei geschieht und hinreichend kundgemacht, nicht jedoch von irgendwem angenommen wird“ (CIC 332 §2). Als der damalige Kardinal Joseph Ratzinger am 19. April 2005 zum ersten deutschen Papst seit 1522 gewählt wurde, sah er sich mit vielfältigen Erwartungen konfrontiert. Es ist daher besonders zu würdigen, dass Benedikt XVI. kurz vor Vollendung seines 86. Lebensjahres mit Rücksicht auf die ihm verbleibenden Kräfte das oberste Leitungsamt seiner Kirche niederlegt, das keine zeitliche Begrenzung kennt, wie in den evangelischen Kirchen, und die Möglichkeit eröffnet, dass ein jüngerer Papst mit neuer Kraft auf die Herausforderungen der römisch-katholischen Kirche reagieren kann.

Pfr. Martin Bräuer D.D.

ist Wissenschaftlicher Referent für Catholica am Konfessionskundlichen Institut des Evangelischen Bundes in Bensheim.

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Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 1/2013 ab Seite 20