Taufe - Band der Einheit oder kirchentrennend?

Bericht von der 2. Begegnungstagung des EB Sachsen mit Leitern freier Gemeinden (2005)<br />
Die christliche Taufe ist derzeit ein heiß diskutiertes Thema. In der Ökumene gilt die Taufe einerseits als das Band der Einheit. Andererseits ist es gerade die Taufe, die im Verhältnis zu neuen Gemeindegründungen für heftige Konflikte sorgt, wenn es zu sogenannten Wiedertaufen kommt. Um in diesem wichtigen Bereich zu einem besseren gegenseitigen Verständnis zu gelangen, hatte der Evangelische Bund die Leiter freier pfingstlich-charismatischer Gemeinden in Sachsen zu einer Begegnungstagung mit Pfarrern der Landeskirche in Kohren-Sahlis eingeladen. Gekommen waren die Leiter der Vineyard Gemeinde Dresden, Kraftwerk Dresden, Christliches Zentrum Reichenbach, Josua-Gemeinde Bautzen und TOS Leipzig sowie Pfarrer aus den Kirchenbezirken Annaberg, Chemnitz, Meißen, Rochlitz und Dresden. Als Referenten unterstützten Prof. em. Dr. Ulrich Kühn, Leipzig und Gerhard Laqua, Leiter der Vineyard-Gemeinde Hof (Bayern) die Tagung.

Verständnis gewachsen

Begegnungen solcher Art sind mitunter mit überzogenen Erwartungen befrachtet. Es war weder Anliegen noch Ergebnis der Tagung, die Tauflehre der beteiligten Gesprächspartner umzustürzen bzw. zu vereinheitlichen. Wohl aber ging es darum, sich gegenseitig besser zu verstehen: zu wissen, warum, aus welcher Motivation und mit welcher biblischen Begründung in der Landeskirche auch kleine Kinder, in den freien Gemeinden aber nur Menschen getauft werden, die ihren Glauben selbst bezeugen können. Diesem Ziel ist die Tagung deutlich näher gekommen und kann von daher als sehr erfolgreich betrachtet werden. Ein solches Verständnis des anderen Partners ist die Voraussetzung dafür, dass man auf die Befindlichkeit des anderen Rücksicht nehmen und die eigene Taufpraxis so gestalten kann, dass nicht unnötig ökumenische Konflikte verschärft werden.

Anknüpfen konnten die Gespräche an die neue sächsische Taufordnung und an die Ergebnisse der offiziellen ökumenischen Gespräche zwischen der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) und der Europäischen Baptistischen Föderation (EBF). Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sollen aus den Vorträgen und Diskussionen nachfolgend einige bedeutsame Aspekte zusammengefasst werden.

Taufe im Neuen Testament

Das Thema ist auf der Tagung nicht vorrangig unter exegetischen, sondern unter systematisch-theologischen sowie praktischen Gesichtspunkten besprochen worden. Gleichwohl sind von beiden Referenten und in den Gesprächen die biblische Ausgangslage und die historischen Bezüge mehrfach angesprochen worden.

Prof. Kühn betonte, dass die Einsetzung der Taufe in einem Zusammenhang zwischen dem Leben Jesu, seinem Sterben und Auferstehen steht. Für Paulus (Röm. 6) bildet die Verbindung mit Tod und Auferstehung Jesu ein wesentliches Motiv der Tauferinnerung. Wie in Mt. 28 beschrieben, bildet die Taufe den Beginn der Jüngerschaft, zu der auch eine folgende Unterweisung gehört. Es ist unbestritten, dass aufgrund der Missionssituation der ersten Christenheit die Mehrzahl der neutestamentlichen Stellen klar von der Erwachsenentaufe her konzipiert sind. Kindertaufen werden im NT nicht explizit erwähnt. Ob es möglich ist, dass bei den sogenannten „Oikos-Stellen“ („und er taufte ihn mit seinem ganzen Hause“), in denen summarisch die Taufe gesamter Familien beschrieben wird, auch Säuglinge eingeschlossen waren, ist in der neutestamentlichen Forschung und blieb auch auf unserer Tagung umstritten. Zur Diskussion um die Legitimität der Kindertaufe tragen diese Stellen wenig aus. Ebenso umstritten ist es, ob die Nichterwähnung der Kindertaufe deren Ausschluss bedeutet, oder ob es in einer veränderten äußeren Situation nicht auch gute biblische Gründe für sie geben kann. Befürworter der Säuglingstaufe haben jedenfalls das Problem, dass sie sich nicht direkt auf biblische Beschreibungen stützen können, sondern theologische Konstruktionen dafür entwickeln müssen. Dies wird als Argument gegen sie verwendet. Auf der anderen Seite zeigt die Theologiegeschichte, dass es durchaus nötig und legitim sein kann, biblische Ansätze zu einer theologischen Lehre weiter zu denken, wie es z.B. auch bei der Trinitätslehre erfolgt ist.

Taufe in der Alten Kirche

Bis zum 4. Jahrhundert wurde die Taufe als Katechumenentaufe vollzogen. Der eigentlichen Taufe ging ein längerer mehrstufiger Prozess voraus (Katechumenat, Photizomenat). Zur Taufvorbereitung gehörte eine Namensgebung mit Eintragung in die kirchlichen Register, Exorzismen und die mündliche Bekanntgabe von Glaubensbekenntnis und Vaterunser. Mit der Taufhandlung (bevorzugt zu Ostern) erfolgte die Eingliederung in die Gemeinschaft der Christenheit. Erst die Taufe ermöglichte die volle Teilnahme am Gottesdienst und die Zulassung zum Abendmahl. Die Perspektive einer verfolgten Minderheit in einer missionarischen Situation zeigt sich an der Arkandisziplin und dem Charakter der Taufe als Lebenswende. Auch hier sind die Riten in erster Linie für Erwachsene konzipiert. Wenn die Liturgie mit Kindern vollzogen wurde, übernahmen Paten die Reaktionen und Antworten. Dabei wurde die Taufe von Kindern als eine Handlung Glaubender verstanden, die in eine Gemeinschaft hineingenommen werden. Glaube ist dabei nicht im modernen Sinn auf ein individuelles Phänomen einzugrenzen, sondern der Gläubige wird von der Gemeinde getragen.

Der Aspekt der Lebenswende, der naturgemäß bei der Taufe kleiner Kinder nicht so deutlich zum Tragen kommt, wurde theologisch im Konzept der Befreiung von dem Bann der Erbsünde zum Ausdruck gebracht. In der Diskussion wurde deutlich, dass es hilfreich ist, den Begriff nicht einseitig auf die negativ bewertete sexuelle Übertragung des Lebens zu verstehen, wie es in der Rezeption Augustins oft geschah. Vielmehr drückt er sowohl die beeinträchtigte Gottesbeziehung wie die Verstrickung in Abhängigkeiten und Generationen übergreifende Schuldzusammenhänge aus, in die jeder Mensch hineingeboren wird (vgl. Röm 5,12). Parallel verbreitete sich die Praxis der Kindertaufe ebenso wie die der Spättaufe, bei der erst kurz vor dem Tod getauft wurde, um die mit der Taufe verbundene Sündenvergebung nicht durch neue Tatsünden wieder zu beeinträchtigen.

Taufe im Mittelalter

Im Mittelalter hat sich die Kindertaufe als allgemeine Praxis innerhalb der christianisierten Gesellschaft durchgesetzt. Bei Thomas von Aquin ist die Taufe eine Zeichenhandlung, als Sakrament des Glaubens ist sie aber ein „gefülltes Zeichen“, welches das enthält, was es bezeichnet. Die Taufe ist nur heilsam, wo auch geglaubt wird. Der Taufcharakter bleibt jedoch lebenslänglich bestehen, so dass auch nach einem Abfall vom Glauben und erfolgter Reue nicht erneut getauft wurde. Im Rechtfertigungsdekret des Trienter Konzils wurde die Rechtfertigung als lebenswendendes Geschehen an die Taufe gebunden und bedarf der Vorbereitung durch Unterweisung im Glauben. Das theologische Konzept zeigt sich hier noch - wie in der Alten Kirche und entgegen der faktischen Dominanz der Kindertaufe - an der Erwachsenentaufe orientiert.

Taufe bei Luther

Luthers Tauftheologie bestreitet die Befreiung von der Erbsünde. Statt dessen beginnt mit der Taufe ein Leben unter der Vergebung, zu dem auch ein lebenslanger Kampf gegen die Sünde gehört. Die Verschiebung von der einmaligen Lebenswende zur täglichen Erfahrung der Vergebung entspricht eher der Praxis der Kindertaufe. In der Auseinandersetzung mit den Täufern betonte Luther die Objektivität der Heilszueignung unabhängig von einem Maß des persönlichen Glaubens. Gleichwohl versteht er die Kindertaufe nicht als Taufe von Ungläubigen, sondern verwendet die Theorie des Kinderglaubens. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen gültiger und heilsamer Taufe: gültig ist die Taufe auch ohne Glauben, heilsam wird sie aber nur dem, der auch glaubt. Als Angebot Gottes steht die Taufe aber auch über dem Leben der Nichtglaubenden.

Taufe in Täufergemeinden

Gerhard Laqua wies in seinem Referat über die Entwicklung des Taufverständnisses in den freien Gemeinden darauf hin, dass die Entstehung der Säuglingstaufe durch ein magisches (Miss-)Verständnis der Taufe als Schutz vor Sünde gefördert wurde. Die Vorstellung, ein ungetaufter Säugling werde von der Gnade Gottes fern gehalten, wenn er nicht getauft würde, bezeichnete er als einen „absurden Gedanken“. In dem Zeremoniell der Katechumenentaufe sah er ein Eindringen heidnisch-magischer Riten aus den antiken Mysterienkulten in das Christentum. Ob man die Aufnahme sinnlich erfahrbarer Elemente aus der Umwelt auch als missionarisch motivierte Inkulturationsleistung des Christentums verstehen könne, wurde kontrovers diskutiert.

Mit dem Übergang des Christentums zur Staatsreligion verlor es seinen exklusiven Charakter und Kirchenvertreter wurden mit politischen Funktionen überfrachtet. In der Zeit der Reformation entstanden verschiedene Täufergruppen, welche die Wurzeln vieler heutiger Freikirchen bilden. Während Mennoniten, Baptisten und Pfingstler in der Regel die Gläubigentaufe vertreten gibt es bei Herrnhutern und Methodisten die Praxis der Kindertaufe. Markant für viele Freikirchen ist, dass die Taufe nicht mit der Mitgliedschaft in der Gemeinde zusammenhängt.

Ist die Taufe heilsnotwendig?

Von Seiten der freien Gemeinden wurde betont, dass die Taufe nicht heilsnotwendig sei. Die Verheißung Jesu an den Übeltäter am Kreuz (Lk 23,43) mache deutlich, dass primär der Glaube und nicht die Taufe zum Heil führt. Weniger gegensätzlich wurde formuliert: Ist die Taufe heilszueignend oder lediglich heilsbezeugend? Die lutherischen Bekenntnisschriften bezeichnen die Taufe durchaus als (heils-)notwendig (CA 9, in der deutschen Fassung fehlt der im lat. Text vorhandene Zusatz „zum Heil“). Allerdings kann damit keinem Urteil Gottes vorausgegriffen werden. Spekulationen über einen eigenen himmlischen Ort (limbus) für Ungetaufte haben keine biblische Grundlage. Einigkeit bestand darin, dass die Taufe zum Heil dienlich ist.

Kindertaufe - Missstand oder Segen?

Die seelsorgerlichen Folgen der Kindertaufpraxis wurden je nach Perspektive verschieden beurteilt. Einerseits wurde bemängelt, dass die Säuglingstaufe eine falsche Heilssicherheit suggeriere. Wie eine Rückversicherungspolice werde die Taufe als Schutz für den Notfall betrachtet. Dass zum Christsein auch ein Leben im Glauben und in der Gemeinde gehört, sei vielen nicht klar. Insofern richte die Säuglingstaufe Schaden an, weil sie von eigenen Bemühungen um Glauben und Errettung abhalte. Andererseits konnte von landeskirchlichen Pfarrern auch von sehr positiven Folgen der Kindertaufe berichtet werden. Der Trost in der eigenen Taufe angesichts von Glaubenszweifeln wurde bereits von Luther beschrieben.

Auffällig war in diesem Diskussionsgang die andere Argumentation der Leiter freier Gemeinden, die ihre christliche Sozialisation in einem volkskirchlich geprägten Gebiet der alten Bundesländer erhalten hatten. In der DDR-Realität stellten sich viele Zusammenhänge ganz anders dar. Wenn unter dem Druck der politischen Verfolgung Eltern ihre Kinder zur Taufe brachten, hatte dies im Osten einen deutlichen Bekenntnischarakter.

Es bestand Einigkeit darüber, dass es einen volkskirchlichen falschen Gebrauch der Kindertaufe gibt. Dies ist insbesondere dort der Fall, wo nicht aus christlicher Überzeugung, sondern lediglich aus kultureller Tradition, um des gesellschaftlichen Ansehens oder beruflichen Fortkommens Willen die Taufe begehrt wird und keine christliche Erziehung bzw. Unterweisung damit verbunden ist. Eine solche Praxis des unterschiedslosen Taufens sollte kirchlicherseits konsequenter vermieden werden. Das könnte es Baptisten und Pfingstlern erleichtern, auch kirchliche Kindertaufen anzuerkennen.

Dass es solche Missbräuche gibt, schließt aber nicht aus, dass es auch einen rechten Gebrauch der Kindertaufe geben kann, meinte Prof. Kühn. Dies sei insbesondere dort gegeben, wo Kinder in einer christlichen Familie und in einer Gemeinde aufwachsen. Mit welchem Recht sollten sie von der Gemeinde getrennt werden? Die Vertreter der freien Gemeinden entgegneten darauf, dass die Kinder bei ihnen durchaus in das Gemeindeleben integriert seien. Das zeige sich u.a. darin, dass auch ungetaufte Gläubige am Abendmahl teilnehmen.

Kindersegnung - Kindertaufe

Diskutiert wurde die Bedeutung der Kindersegnung durch Jesus (Mk 10,13-16). Während diese Perikope in den landeskirchlichen Taufliturgien eine zentrale Stellung einnimmt, betonen die freien Gemeinden, dass Jesus eben gerade nicht getauft, sondern gesegnet habe. Allerdings hat Jesus selbst niemanden getauft. Prof. Kühn wies darauf hin, dass das im Griechischen an dieser Stelle verwendete Wort „kolyein“ (Luther: „wehret ihnen nicht“) terminologisch dem „was hinderts, dass ich getauft werde“ in den Tauftexten entspreche (z.B. Apg. 8,36). Dies könnte als Indiz verstanden werden, dass hinter dieser Stelle duchaus eine Diskussion um die Möglichkeit von Kindertaufen gestanden hat.

Glaubensgemeinschaft oder Individualentscheidung

In einer Podiumsdiskussion mit beiden Referenten konnten Kernpunkte deutlich werden. Auf Herrn Laquas Frage, was ihn an der Kindertaufe festhalten lasse, verwies Prof. Kühn auf persönliche Gemeindeerfahrungen und die Segensgeschichte der Kindertaufe, die auch nicht ignoriert werden dürfe. Eine Gemeinde ohne Kinder ist ein Torso. Wenn man ernst nehme, dass die Vollmitgliedschaft in der Gemeinde im NT durch die Taufe kommt, dann dürfen sie nicht ausgeschlossen bleiben. Daneben wird in dieser Praxis deutlich, dass auch ein korporativer Glaube, der Glaube der Kirche, den Einzelnen trägt. „Ich bin doch kein starker Gläubiger.“

Herr Laqua plädierte demgegenüber für das Recht des Individuums auf selbstbestimmte Entscheidung. Insbesondere Jugendliche sollten nach dem Abnabelungsprozess vom Elternhaus in die Mündigkeit entlassen werden. „Ich will das Recht haben, eine Taufe bewusst zu wünschen und an mir vollziehen zu lassen.“ Prof. Kühn wies darauf hin, dass die Wiedertaufe nicht nur etwas sei, was einen Menschen persönlich betrifft, sondern die Praxis einer ganzen Kirche damit negiert und durchgestrichen wird. Daraus resultiert der Schmerz und die empfindliche Reaktion seitens der Kirchen.

Letzte Bastion der Kirchenzucht

Beklagt wurde, warum ausgerechnet die (Wieder-)Taufe der letzte verbliebene Punkt sei, an dem die Landeskirche mit aller Strenge Kirchenzucht übe. Darin bestehe ein Ungleichgewicht: Menschen könnten gegen fast alle Ordnungen kirchlichen Lebens verstoßen, ohne einen Kirchenausschluss zu riskieren. Wer sich aber aus einer Glaubensentscheidung noch einmal taufen lasse, werde sofort ausgeschlossen. Vom Schriftbefund sei diese Praxis nicht zu legitimieren, wo Paulus in 1. Kor. 15 doch auch eine abweichende Taufpraxis toleriere.

Konfirmierendes Handeln

Im Laufe der Gespräche wurde deutlich, dass den freien Gemeinden die Taufanerkennung der Säuglingstaufe vor allem bei solchen Personen problematisch erscheint, wo keinerlei christliches Leben nachgefolgt ist (Extrembeispiel: als Säugling getaufter späterer Satanist). Der Aspekt der Lebenswende und des Neuanfangs mit Christus ist bei solchen Biografien in der Tat kaum erkennbar. Anstelle einer nachträglichen Ungültigkeitserklärung der damaligen Taufe sollte besser nach den Umständen der damaligen Taufe geforscht werden. Die Schwierigkeiten sind erheblich, wenn nach einem von Menschen zu beurteilenden Maß des Glaubens gesucht wird, das eine Taufe ermöglichen oder als gültig erweisen soll. Diskutiert wurde auch, in wieweit eine Wiedertaufe als Taufbestätigung der Kindertaufe verstanden werden könne. Auf der anderen Seite konnte von vielen praktischen Aktivitäten zur Tauferinnerung und zum konfirmierenden Handeln berichtet werden, mit denen in den landeskirchlichen Gemeinden versucht wird, solchen Fehlentwicklungen entgegenzuwirken. Das Konfirmationsalter scheint momentan aber nicht optimal. Festzuhalten ist, dass die Kindertaufe eine Verantwortung für die christliche Erziehung einschließt: „Wenn wir nicht in der Lage sind, Christenlehre für unsere Kinder anzubieten, dürfen wir eigentlich keine Kinder taufen.“

Konditionaltaufe

Es wurde diskutiert, ob eine leichte Entschärfung der Wiedertaufpraxis in der Anwendung der Konditionaltaufe liegen könnte. Ursprünglich ist sie für Fälle konzipiert, wo wegen Unterdrückungs-, Kriegs- oder sonstigen Situationen keine Aufzeichnungen und keine Gewissheit bestehen, ob eine Taufe erfolgt ist. Getauft wird dann nur unter der Bedingung, dass zuvor noch keine gültige Taufe gespendet wurde. Wenn in freien Gemeinden der begründete Zweifel besteht, dass in einem speziellen Fall der zur Taufe gehörige Glaube auch bei Eltern und Paten einer Säuglingstaufe nicht vorhanden gewesen sei, weil die Taufe im Leben dieser Person anscheinend folgenlos geblieben ist, könnte die Konditionaltaufe anstelle einer Wiedertaufe einen Interpretationsspielraum eröffnen und etwas von dem ökumenischen Ärgernis einer Wiedertaufe entschärfen. Es würde zumindest vermeiden, die erste Taufe pauschal für ungültig zu erklären.

Fazit

Positiv wurde zur Kenntnis genommen, dass auf beiden Seiten das Bemühen zu spüren ist, theologisch ehrlich einander näher zu kommen. Da jeweils verschiedene Aspekte des Taufhandelns betont und als wesentlich erachtet werden, ist dies kein leichtes Unterfangen. Es war wichtig zu hören, dass in den beteiligten freien Gemeinden auch als Säugling getaufte Personen mitwirken können, ohne dass auf sie Druck zur Wiedertaufe ausgeübt wird. Ebenso wichtig war es für die Gemeindeleiter zu spüren, wie ernsthaft in der Landeskirche um eine theologisch verantwortliche Taufpraxis gerungen wird. Auch wenn diese Tagung keine Beseitigung der Differenzpunkte bringen konnte, bleibt das Ergebnis festzuhalten, dass ein besseres Verständnis der jeweiligen Motive helfen kann, unnötige Konfrontationen zu vermeiden und verbleibende Konflikte partnerschaftlich zu klären.

Harald Lamprecht

Artikel-URL: https://www.confessio.de/artikel/133

Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 5/2005 ab Seite 06