Licht im Focus und Geomantie-Spekulationen

Zeitschriften im Esoterikmarkt

Feng Shui aktuell

Feng Shui ist populär. Immer öfter kann man Verweise auf diese asiatische Form der Geomantie in alltäglichen Zusammenhängen finden. Was an den asiatischen Design- Einrichtungs- und Architekturtipps ernsthaft Gültigkeit beanspruchen kann, bleibt angesichts der inneren Widersprüchlichkeit der Aussagen zweifelhaft. Solche Zweifel nährt auch ein neues Magazin, dessen Ausgabe Nr. 1 unlängst das Licht der Zeitschriftenwelt erblickte. Wie die Herausgeberin, Redakteurin und Feng-Shui-Beraterin Marianne Rattay im Editorial mitteilt, ist dies eine Nachfolgezeitschrift für das 2006 eingestellte „Feng Shui Journal“ und soll als Sprachrohr für die Feng-Shui-Berater in Deutschland fungieren.

Tür zu reicht

Inhaltlich bringen die Artikel teils hilfreiche Klärungen, teils stellen sie aber auch deutliche Herausforderungen an denkende Menschen dar. Klärend ist die Rubrik Lexikon, in der z.B. mit dem Vorurteil aufgeräumt wird, ein Abfluss würde die positive Energie mit absaugen. So konnte man in populären Feng-Shui-Ratgebern immer wieder lesen, ein gegenüber der Eingangstür gelegenes WC würde die positive Energie, welche in die Wohnung kommt, gleich wieder abfließen lassen. Diese energetische Beurteilung – so klärt Feng-Shui-Berater Gerhard Zirkel auf – stamme aus der Zeit, als in China die Abflüsse nur Löcher in der Außenwand der Häuser waren. Heute hingegen hat die Toilette eine Tür und das WC einen Deckel. Die Folge: „Energie, gleich welcher Art, wird es also schwer haben durch sie zu entweichen.“ Solches „Wissen“ spart teure Umbauten.

Brandgefahr im Reichstag

Yan-Kwong Tang aus Hong-Kong interpretiert „Das Schicksal Deutschlands“ aus der Sternenkonstellation des Reichstages in Berlin. Demnach sei der Reichstag zu einer ungünstigen Zeit erbaut worden. Spannend wird da die Analyse der Zukunft nach dem Umbau 1999. Da lesen wir: „Der Reichstag erhält durch den Umbau in Periode 7 zunächst gute Sterne, weil der Wasserstern 7 am Haupteingang, der Blickrichtung und der Bergstern 7 sich an der Rückseite, der Sitzrichtung, befindet…“ „Aber dadurch, dass die zwei weiteren Eingänge auf der Nord- und Südseite benutzt werden, und der Pfahl von der Glaskuppel, der nach unten in die Mitte des Plenarsaals zielt, wird die positive Energie zerstört. Dass der Autor zudem „eine große Veränderung, so wie die Situation vor 1933“ voraussagt, möchte die Herausgeberin „nicht unkommentiert stehen lassen“ und meint, dies sei „doch eine zu negative und sehr gewagte Projektion in die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder.“ Welche Aussagekraft Feng-Shui hat – das muss man sich als außenstehender Beobachter dann doch fragen.

Lichtfokus

Als „Zeitschrift für Lichtarbeit“ will „Lichtfokus“ die Stichworte „Wissenschaft und Spiritualität“ verbinden. Dem Leser wird schnell deutlich, dass dies mit der Wissenschaft schwierig wird und der Schwerpunkt auf der Spiritualität liegt – und dies in einer sehr speziellen Form: Lichtfokus hat sich als das Magazin für die Freunde des Channeling in Deutschland etabliert. Das vierteljährlich erscheinende Heft ist inzwischen bei Nummer 18 angekommen und scheint seinen festen Leserkreis zu haben. Kundgaben aus geistigen Welten von Geistwesenheiten höherer Sphären oder ferner Planeten, die sich durch den „Kanal“ eines Mediums offenbaren, nehmen in den Mitteilungen und Annoncen in „Lichtfokus“ breiten Raum ein. Die in früheren Ausgaben anzutreffende Dominanz von Mitteilungen der Geistwesenheit „Kryon“ ist einem breiteren Spektrum gewichen. In mehreren ganzseitigen Anzeigen ist die Kryonschule (www.kryonschule.com) noch vertreten. Mit den zwei Ritualen der „Raftan-Aktivierung“ soll man zum Beispiel seine Schwingung von 966 auf 996 und dann sogar auf 999 erhöhen können, um damit die göttliche Energie im eigenen Lichtkörper zu verankern. Damit könne man sich „auf den bevorstehenden Aufstieg von Mutter Erde vorbereiten.“

Um dieses Thema - die als Spiritualisierung vorgestellte Vergöttlichung des Menschen, geht es trotz aller Verschiedenheit im Grunde auch in den anderen Artikeln dieses Magazins.

Dr. Harald Lamprecht

ist Beauftragter für Weltanschauungs- und Sektenfragen der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens und Geschäftsführer des Evangelischen Bundes Sachsen.

Artikel-URL: https://www.confessio.de/index.php/artikel/109

Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 3/2007 ab Seite 07