Nahtoderlebnisse als biologisches Programm?

Wenn das Herz nicht mehr schlägt, dauert es meist nur noch wenige Minuten bis der Tod eintritt. Was passiert in dieser Zeit mit dem Gehirn? Um das herauszufinden haben Forscher der University of Michigan Medical School neun betäubte Ratten einem künstlichen Herzstillstand ausgesetzt und währenddessen mit einem EEG deren Hirnströme gemessen. Sie konnten in den ersten 30 Sekunden nach dem Herzstillstand eine „stark synchronisierte Gehirnaktivität“ von Gamma-Wellen beobachten, die sich sonst bei hoch erregten Gehirnen aufzeichnen lässt. Anscheinend gibt es also das biologische Paradox, dass das menschliche Gehirn noch zu organisierter elektrischer Aktivität fähig ist – auch nach dem Herzstillstand. Berichte über Nahtoderlebnisse dienten in der Vergangenheit Menschen mit unterschiedlichsten Religiösen Prägungen als Beweis für ein Leben nach dem Tod. Dieses Experiment könnte darauf hinweisen, dass Nahtoderlebnisse einen kurzzeitigen Aktivitätsschub des Hirns, möglicherweise durch mangelnde Sauerstoff- und Zuckerversorgung ausgelöst, darstellen. Nahtoderlebnisse wären somit kein Türöffner in eine andere Welt, sondern gehörten mit zu dem körperlichen Prozess des Sterbens. Ob und wie dieses Ergebnis die Nahtodforschung beeinflussen wird, bleibt abzuwarten.

CB / www.heise.de/TP 19.8.2013

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Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 4/2013 ab Seite 04